Evangelische
Kirchengemeinde
Wesel
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Kirche am Lauerhaas feiert am 12. April 90. Geburtstag

Sie wurde wenige Monate vor Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft als "evangelischer Wachtposten" in Obrighoven eingeweiht

Ein Bild aus alten Tagen: Feldwirtschaft in unmittelbarer Nähe zur gerade erbauten Kirche

Für eine Kirche ist sie jung, aber am 12. April 2021 feiert sie immerhin ihren 90. Geburtstag.  Am ersten Sonntag nach Ostern (Quasimodogeniti), am 12. April 1931 wurde dort unter großer Anteilnahme der hiesigen Bevölkerung, der erste evangelische Gottesdienst in der gerade eingeweihten Kirche am Lauerhaas gefeiert.

Sie bekam damals einen für eine Kirche ungewöhnlichen Namen mit Lokalkolorit: „Kirche am Lauerhaas“. Der Name weist auf einen alten Wachtposten, „ein Lurhuus“ hin, das zum Schutz des Isselgrabens an der Brüner Landstraße unweit des jetzigen Standorts der Kirche lag. Auf den Namen spielt auch der große eingemeißelte Schriftzug "WACHET" im Eingangsportal an. Er ist der Anfang des Bibelwortes, eines Jesus-Zitates an seine Jünger aus Matthäus 26,41: " Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet. Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach." Vermutlich hat man diesen Schriftzug wie auch den Namen "Lauerhaas" damals gewählt, um zum Ausdruck zu bringen, dass diese Kirche eine Art "Trutzburg" des Glaubens in einer für die Kirche und des Glaubens schwierigen Zeit sein sollte. In der Entstehungszeit sahen sich die evangelischen Christen vor Ort mit verschiedenen christentumsfeindlichen Ideologien wie die des Bolschewismus (Kommunismus) und Nationalsozialismus konfrontiert und hatten  zudem mit der Weltwirtschaftskrise und ihren Folgen zu kämpfen. Umso erstaunlicher ist es, dass überhaupt die Finanzmittel zum Aufbau der Kirche vor allem durch Spenden der Bevölkerung zusammenkamen.

Die Kirche wurde also in einer - wirtschaftlich und politisch – schwierigen Zeit unter großem Einsatz ihrer Gemeindeglieder erbaut. Noch heute gilt sie bei Kirchenbauexperten in ihrer Schlichtheit als "seltenes, sehr gutes Beispiel für die kirchliche Baukunst der Zeit um 1930".
Die Kirche am Lauerhaas heutzutage

Der erste Pfarrer, Emil Tappenbeck aus Jever (1900-1975) hatte seinen Dienst bereits 1927 angetreten und maßgeblich den Aufbau der Kirche unterstützt und schließlich die ersten Jahre des Gemeindelebens bis 1939 geprägt. Als Unterstützer der "Bekennenden Kirche" versuchte er den Einfluss der Maßnahmen des nationalsozialistischen Staates auf die Kirchenpraxis möglichst einzudämmen. In den Kriegsjahren ergab sich eine Zeitlang eine Vakanz im Gemeindebezirk, da ein bereits gewählter Pfarrer aufgrund des Krieges seinen Dienst nicht ausüben konnte.

Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Kirche am Lauerhaas als einzige Weseler Kirche den Krieg fast unbeschädigt überstanden hat.

In der Not der Nachkriegszeit wurde sie nicht nur als Gottesdienstraum und Versammlungsstätte der Gemeinde genutzt sondern auch als Wohnraum für Vertriebene, für Kindergarten- und Schulkinder.

Pfarrer Heinrich Schmitz aus Duisburg (1890-1968) , ein mutiger dem Nationalsozialismus trotzender bekennender Christ, verwaltete die Pfarrstelle 1943-44, bevor er im Juni 44 in ein KZ inhaftiert wurde. Erst 1949 wurde er offiziell gewählt und leitete die Geschicke des Gemeindebezirks bis 1960, als er bereits 70 Jahre alt war. Mit Pfarrer Friedhelm Gensichen aus Swinemünde kam 1961 ein damals 31-jähriger Pfarrer in die Gemeinde, der u.a. als Jugendpfarrer besondere Akzente setzte.

Von 1971 bis 1993 war Hans-Walter Boelitz (Enkel des Miterbauers der Kirche und Ehrenbürgers von Wesel Johannes Boelitz) als Pfarrer an der Kirche am Lauerhaas tätig.

Im Jahre 1993 wurden Pfarrerin Eva Holthuis und Pfarrer Albrecht Holthuis in den Dienst an der Kirche am Lauerhaas eingeführt. Dieser geteilte Dienst endete am 31.12.2017, da Pfarrerin Eva Holthuis mit Beginn des Jahres 2018 zur Militärpfarrerin berufen wurde und Ehemann Pfarrer Albrecht Holthuis seit dem 1.1.2018 nun allein als Pfarrer im Kirchenbezirk tätig ist.

Der lokale Bezug spielte und spielt nach wie vor im gemeindlichen Leben eine wichtige Rolle. "Lauerhaasen" tollen sich gern in und um ihre eigene Kirche; ob bei Gottesdiensten, Konzerten, Gemeindefesten und allerlei Gruppenaktivitäten für jung und alt. Gleichzeitig ist und bleibt die Kirche im Bewusstsein ihrer Gemeindeglieder ein Teil der Weseler Kirchengemeinde.

Umgestaltung des Kirchraums im Laufe der Zeit

Die Kirche erfuhr 1975 eine behutsame Umgestaltung ihres Kirchraums, so dass heute durch die Bestuhlung und Gestaltung des Chorraums eine flexible Nutzung für unterschiedliche Gottesdienstformen möglich ist.
1996 wurde die Kirche durch den Anbau des Gemeindezentrums am Lauerhaas  entscheidend erweitert. Auch die benachbarte Kita am Lauerhaas wurde vor einigen Jahren modernisiert und erweitert und auf die Aufnahme von Kindern unter 3 Jahren vorbereitet. Damit wurden für alle Bereiche der Gemeindearbeit die Bedingungen für das Gemeindeleben wesentlich verbessert. In den letzten beiden Jahren wurden das Kirchendach und der Turm gründlich saniert und restauriert.

Viele Personen – vor allem zahlreiche Presbyterinnen und Presbyter, Küster, Organisten und Chorleiter und viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier nicht namentlich erwähnt werden können, haben die Kirche mit Leben erfüllt in den letzten Jahrzehnten.

Heute präsentiert sich die Kirche am Lauerhaas mit ihrem Gemeindezentrum dem Kindergarten und dem Pfarrhaus als gemeindliches, soziales und geistlich vitales Zentrum ihrer Kirchengemeinde im 4. Pfarrbezirk. Ein besonderer Akzent wird dabei auf die Ausrichtung einer familienfreundlichen Gemeindearbeit gesetzt, was durch besondere Gottesdienste, Veranstaltungen, Familiengruppen, Freizeiten etc. deutlich wird.

Die gegenwärtige Coronapandemie stellt für die Gemeidearbeit eine enorme Herausforderung dar. Seit Beginn des Jahres werden in der Kirche am Lauerhaas bei Aussetzung von Präsenzgottesdiensten auch Gottesdienste im Live-Stream für den YOU TUBE Kanal der Evangelischen Kirchengemeinde Wesel produziert.

Zum 90. Geburtstag ist auch ein Roman erschienen, den Pfarrer Albrecht Holthuis nach Motiven der Entstehungsgeschichte der Kirche verfasst hat: Er trägt den Titel "Der letzte Hirte" .

Weitere Informationen finden sich hier: