Evangelische
Kirchengemeinde
Wesel
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Für wen halten wir die Türen offen?

Gedenkveranstaltung am 27. Januar für die Opfer des Nationalsozialismus im Willibrordi-Dom, gestaltet vom Konrad-Duden-Gymnasium

 

Schülerinnen des  Konrad-Duden-Gymnasiums lesen Texte aus Anne Franks (Tür Mitte) Tagebuch, zuvor sind Clara Albersheim, Johanna Humberg, Ernest Kolman uns Erich Leyens (Türen von rechts nach links) vorgestellt worden. (Foto: Christoph Kock)

Am 27. Januar füllt sich mittags der Dom. Vor allem Schülerinnen und Schüler aus den weiterführenden Schulen, aber auch Weseler Bürgerinnen und Bürger. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist in diesem Jahr im Konrad-Duden-Gymnasium vorbereitet worden. Die Fachschaften Geschichte, Musik und Kunst sind beteiligt. Fünf Türen stehen im Altarraum. Sie stehen für fünf Menschen, vier von ihnen haben in unserer Stadt gelebt: Erich Leyens, Ernest Kolman, Johanna Humberg und Clara Albersheim. Für zwei von ihnen schlossen sich Türen. Zuletzt die Türen der Waggons, in denen Johanna Humberg und Clara Albersheim deportiert worden sind. Die eine nach Riga, Richtung Ghetto, die andere ins Vernichtungslager Ausschwitz. Beide wurden ermordet.
Für zwei von ihnen öffneten sich Türen. Ernest Coleman und Erich Leyens konnten aus Deutschland bzw. aus dem Machtbereich des Nationalsozialismus fliehen und überlebten die Vernichtung, die für sie geplant war. Geöffnete Türen haben Leben gerettet, verschlossene Türen Leben vernichtet. Mit der fünften Tür ist es anders. Sie ist Anne Frank gewidmet. Sie versteckte sich etliche Monate hinter einer als Regal getarnten Tür, in einem Haus in Amsterdam. Das Versteck wurde verraten, Anne Frank ermordet.
Schülerinnen diese fünf Menschen vor. Zu denen aus Wesel haben sie im Stadtarchiv recherchiert. Die Tür für Anne Frank verdankt sich einem Besuch im Anne-Frank-Haus Anfang Dezember und Annes Tagebuch. Das Schicksal der fünf wird eindrucksvoll in Szene gesetzt mit einem Wechsel von Wort und Musik, die durchaus disharmonisch sein kann.  Am Ende bleiben drei Türen geschlossen, auf denen Anne Frank, Clara Albersheim und Johanna Humberg zu sehen sind. Zwei Türen sind offen. Die für Ernest Coleman und Erich Leyens.
Bürgermeisterin Ulrike Westkamp erinnert daran, dass der Nationaloszialismus das jüdisches Leben in unserer Stadt binnen 10 Jahren ausgelöscht hat. Wolfgang Jung, Vorsitzender des Christlich-jüdischen Freundeskreises, geht der Frage nach, für wen wir heute die Türen offen halten.
Zum Schluss ein Chor mit wenigen Stimmen, die doch den Dom füllen: Hine ma tov. Der Anfang von Psalm 133: „Seht, wie gut es ist und wie wohltuend, wenn Menschen beisammen wohnen – als wären sie Bruder und Schwester.“ Die Musik klingt nach, auf dem Weg zum Mahnmal für die Weseler Synagoge auf der Domplatte.

Christoph Kock, Pfr.