Evangelische
Kirchengemeinde
Wesel
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Intensive Begegnung mit Palästina

Junge Leute aus Wesel berichten über Ihre Begegnungsreise in einem Land das nach wie vor unter dem ungelösten Nahost-Konflikt leidet

Die Reisegruppe aus Wesel mit palästinensischen Guides

Im September ist eine Gruppe junger Erwachsener aus der Evangelischen Kirchengemeinde für vierzehn Tage nach Palästina gereist. Die Situation junger Palästinenser sollte bei dieser Reise, die ganz im Zeichen der Begegnung stand, im Mittelpunkt stehen. Die Reiseroute führte das gute Dutzend der Teilnehmer in Orte wie Bethlehem, Ramallah, Nablus und Hebron sowie in Flüchtlingslager in der Region. Auch gab es eine Begegnung mit Beduinen in der judäischen Wüste. Die Reise wurde von einer palästinensischen Organisation durchgeführt und von deutscher Seite von Insa Holl und Anna von Berg geleitet. Mit den beiden jungen Frauen, die zuvor schon etliche Ferienfreizeiten der Evangelischen Jugend Wesel mitgeleitet haben, sprach Albrecht Holthuis.

Ihr habt im Herbst eine Gruppenreise von jungen Erwachsenen nach Palästina begleitet und geleitet. Welchen Zweck hatte Eure Reise und wie es überhaupt dazu gekommen?

Ich – Insa – war 2012 als Teilnehmerin selbst auf einer ähnlichen Fahrt und habe dort so viel gelernt und mitgenommen, dass ich auch noch Jahre später viel daran gedacht habe. Diese nachhaltige Erfahrung wollte ich auch anderen jungen Menschen ermöglichen und deswegen haben wir die Reise organisiert und durchgeführt.

Könnt Ihr bitte jeweils eine Situation auf dieser Reise kurz schildern, die Euch besonders beeindruckt hat und die typisch war für den Verlauf?

Uns hat der Besuch des „Tent of Nations“ sehr beindruckt. Das ist eine Farm umgegeben von illegalen, israelischen Siedlungen, die seit vielen Jahren erfolgreich friedlichen Widerstand gegen die Enteignung durch Israel leistet. Der Besuch war kennzeichnend für unsere Reise, da auch dort die Bedrohung durch Israel sehr sichtbar war, während die Menschen friedlich und zuversichtlich daran glauben und darauf hinarbeiten, dass es eine friedliche Lösung und eine bessere Zukunft für sie gibt. Außerdem war bemerkenswert, dass alle Menschen unfassbar gastfreundlich waren und uns mit offenem Armen und leckerem Tee empfangen haben.

Wie optimistisch sind die Menschen, die Ihr kennengelernt habt, bei der Frage, ob es jemals Frieden geben wird in der Region? Was habt ihr darüber erfahren? Wie sieht deren Alltag aus, solange es noch keine Friedenslösung gibt?

Der Alltag der Menschen in den besetzten, palästinensischen Gebieten ist deutlich sichtbar eingeschränkt. Auf den Häusern sieht man Wassertanks, da sie nicht immer Zugang zu frischem Wasser bekommen. An vielen Straßen gibt es Kontrollpunkte mit schwer bewaffneten, israelischen Soldaten und davor lange Autoschlangen mit Menschen, die teilweise Stunden auf die Erlaubnis zum Passieren warten. Direkt neben einer Schule der Vereinten Nationen spähen israelische Soldaten aus einem Wachturm; die Hauswände der Schule sind mit Einschusslöchern übersäht, die Fenster zugemauert – zum Schutz. Und dennoch strahlen die meisten Menschen, denen wir begegnet sind, viel Zuversicht aus: Zuversicht, dass sie international gehört werden, Zuversicht, dass es eine friedliche Lösung geben und sich ihre Lebenssituation verbessern wird und leider auch manchmal Zuversicht, dass sie in einem anderen Land ihr Glück finden werden.

Was nehmt ihr mit nach Deutschland, wenn es um die Frage geht, wie man ein friedvolles Zusammenleben dort in der Region unterstützen kann?

Es gibt zahlreiche UN-Resolutionen und Berichte von Menschenrechtsorganisationen, die z.B. den Mauer- und Siedlungsbau für rechtswidrig erklären und dennoch konnte bisher nicht einmal in diesen konkreten Teilfragen des Konflikts eine Lösung auf politischer Ebene erwirkt werden. Das ließ uns zunächst mit einem Gefühl der Hilfslosigkeit zurück. Doch wir wollen das Gefühl nicht hinnehmen, sondern uns dafür einsetzen, dass mehr Menschen von dem Konflikt und unseren persönlichen Erfahrungen erfahren, aber auch konkrete Organisationen wie z.B. Lifegate mit einem Stand auf einem Weihnachtsmarkt unterstützen.

Wie sollten wir uns als Deutsche in diesem Konflikt verhalten, wenn wir z.B. diese Region bereisen?

Unserer Meinung nach sollten Menschen offen, vorurteils- und angstfrei in die palästinensischen Gebiete/ das Westjordanland reisen, sich selbst ein Bild von der Lebenssituation der Menschen machen und das Angebot nutzen, die Einheimischen alles zu ihrem Alltag, ihrem Leben unter einer Besatzungsmacht und zu ihrer Meinung zum Konflikt zu fragen. Die meisten sind sehr offen jede Frage in erstaunlich gutem Englisch zu beantworten und Interessierte mindestens auf einen Kaffee oder Tee – wenn nicht auch ein Abendessen – einzuladen.

Bei einem Arbeitseinsatz im "tent of nations" in Palästina